Norwegen diagonal - Dieter Wolf durchquert Norwegen zu Fuss

Weiss - so weit das Auge reicht

Dieter Wolf, 26. April 2015

Zwischen den Birken mit weissen Stämmen entdecken wir unweit unserer Spur eine weisse Kugel, die sich kaum vom Hintergrund abhebt, jedoch deutlich einen Kopf hat mit blaurotem Gefieder und Schnabel: Ein Schneehuhn, hier Fjällrype genannt. Ueber der Waldgrenze auf 600 m dehnen sich dann wieder die weiten weissen Hochflächen und sanften Täler und Huegelzuege. Hier ist das Herz von Schwedisch Lappland, hier verläuft der Königsweg - Kungsleden, von dem jetzt im Winter/Fruehling nur die alle 50 m steckenden Äste sichtbar sind - wenn ueberhaupt. Fuer die 130 km von Abisko bis Stora Sjöfallet brauchen wir nur 5 Tage, sind teils bis 11 Stunden unterwegs, bevor wir redlich muede aber sehr zufrieden mit unserer Tagesleistung in der nächsten Huette eintreffen. Beim Schwedischen Touristenverband sind alle Huetten bewartet, man wird jeweils mit heissem Punsch willkommen geheissen, bevor die schon heisse Sauna wartet.

Huettengespräche

Die Expedition "Norge diagonal´15" scheint die Leute zu interessieren, die wir unterwegs treffen - wie Maria und Nils, Tochter und Vater (77!) aus Norrköping, mit denen wir einen ganzen Abend am gluehenden Ofen angeregt diskutieren und erzählen. Beeindruckend der Effort des doch schon älteren Herrn, der uns mit seinem trockenen Humor erheitert. Er sei zwar nicht Jesus, gehe aber den ganzen Winter ueber immer auf Wasser. Wie bitte? Wer errät die Lösung? Und: Res hackt Holz wie ein Weltmeister - ob er das in der Sahara gelernt habe?

2106 m: Top of Sweden

Der Kebnekaise ist der höchste der 20 2000er-Gipfel hier in Nordschweden. Als wir im langen Singi-Tal unter seiner Majestät vorbeiziehen, tobt da oben so heftiger Sturm, dass wir schweren Herzens auf seine Besteigung verzichten muessen. Dafuer gewinnen wir gleich einen weiteren Tag Reserve, den wir in der kommenden Woche im Sarek-Nationalpark vielleicht gut gebrauchen können - etwa bei Whiteout-Bedingungen, wie sie hier eben vorkommen können. Sarek gilt als die ausgedehnteste Wildnis Nordeuropas, es gibt weder markierte Pfade noch Huetten, einfach nur Natur. Laponia wurde mit seinen 12000 Quadratkilometern 1996 ins UNESCO Weltnaturerbe aufgenommen, zu Recht. Hier sind die wenigen Menschen nur zu Gast, es ist das Reich der Elche, Bären, Wölfe, Luchse, Vielfrasse und Rentiere. Auf den nächsten 150 km Ost-West-Durchquerung könnten wir jedem von ihnen begegnen. Wir werden im Zelt nächtigen, wobei die Dunkelheit nur noch von 23 Uhr bis 2 Uhr dauert und in 2 Wochen ganz verschwindet. Unsere Skispur ist jeweils noch lange sichtbar - bis der Wind sie verbläst. Dann ist alles wieder weiss, nur weiss...