Norwegen diagonal - Dieter Wolf durchquert Norwegen zu Fuss

Grenzenloses Lappland

Dieter Wolf & Res Rey, 18. April 2015

Wir haben in 9 Tagen die Strecke zwischen Kilpisjärvi und Abisko gemeistert und sind bei km 700 der Gesamtstrecke von 2600 km angelangt. Dabei haben wir mehrmals die Grenzen zwischen den skandinavischen Ländern Norwegen, Schweden und Finnland traversiert, (fast) ohne es zu merken. Den Dreiländerstein als besonderen geografischen Punkt aber haben wir bewusst im Birkenwald aufgesucht. Fuer die Sami, an deren Sommer-Rentierweiden, mit den auf Kilometer verstreuten einfachen Jurten oder Holzhäuschen, wir ab und zu vorbeizogen, sind politische Grenzen bedeutungslos – ebenso wie die ferne feine Horizontlinie fuer uns keine wirkliche Grenze darstellt. Hingegen waren die Hytter an unserer Route jeweils die klaren und sehr willkommenen Grenzpunkte nach vielen Stunden Skiwanderung: Aus dem bissigen Wind und den – mit schwerer Pulka mörderischen – Anstiegen hinein in die ”nydelige” Geborgenheit der jeweiligen Huette, mit Namen Treriksröysa, Pältsa, Daerta, Havga, Vuoma, Altevann und Lappsjord.

Huettenkomfort

In der Pulka, die tatsächlich etwas schwer ist, haben wir zwar die Ausruestung fuer Outdoor-Uebernachtungen, doch die letzten Tage profitierten wir vom Huettenangebot. Wir fanden immer Holz, Kochgelegenheit, Schlafplätze mit Daunendecken und auch Buecher ueber Norwegen fuer unsere Weiterbildung. Wahrlich ein schönes Gefuehl, wenn es nach und nach warm wird und wir die Windjacke, etwas später auch die Daunenunterjacke und noch später auch den Fliespulli ausziehen konnten. So war es etwa möglich, eine Negativ-Sauna, sprich Schneebad, zu erdulden, um dann in der Huette die Wärme noch besser zu spueren. Das Essen war sowieso erstklassig, teils wegen des Wolfshungers, telis wegen Dieters wertvollen Kochkuensten.

Richtig orientiert

Selbst bei null Sicht ist die markierte und perfekt präparierte Skatingloipe auf dem Kilpisjärvi nicht zu verfehlen, ebenso deutlich die roten Kreuze der Winterwanderroute zur Pältsastuga. Tags darauf sind es nur noch ein paar alte Scooterspuren, eine längst zugewehte Skispur – dann nur noch einzelne Spuren vom Schneehuhn, Fuchs, Waschbär oder Ren. Schliesslich zeigen nur noch die vom Wind hart geblasenen, oft bizarr geformten, fuer den Pulkaziehenden immer hinderlichen Sastrugis (Schneerippen) eine bestimmte Himmelsrichtung an. Wenn dann noch der Kompass spinnt (wo ist diese geheime Erzader ?), wird der ”sechste Sinn”, die Orientierungsfähigkeit (ueber)lebenswichtig. Ein anderes Phänomen sind die Distanzen. Norwegertäler und –bergruecken scheinen nie enden zu wollen, wenn man beim Gehen nur geradeaus schaut. Wenn ich aber links von mir unter dem Horizont einen Fels fixiere und ihn unter den Bergspitzen scheinbar vorbeiziehen lasse, werden die Dimensionen wieder absehbar, nämlich menschlich machbar.

Norwegischkenntnisse ersparen Umwege

Dieters Sprachkenntnisse haben uns schon verschiedentlich Vorteile gebracht. Das war auch beim Gespräch mit Knut in der Huette der Fall. Dessen Rat, die Havgahuette als Durchgangsort zu wählen, ersparte uns die Durchschreitung des 15 km breiten und 400 m tiefen Dividals. Tusen takk Knut, du er alltid velkommen i Davos!